Temporäre Maßnahmen

CAPELLA UND MAUERN

Bundesgartenschau Heilbronn 2019

Fotos: © Paul Bräg

Der Friedhofsbeitrag der Bundesgartenschau 2019 entstand in der Arbeitsgemeinschaft Siegmund Landschaftsarchitektur und den Künstlern Karolin und Daniel Bräg.

Mit Unterstützung des THW Heilbronn und der Feuerwehr Heilbronn.

Kapelle für den Heiligen Daniel 

am Ufer der Donauversinkung bei Friedigen a. D. 2012-2014

Fotos: ©  Reiner Loebe und Daniel Bräg

Die Kapelle für den ‚Heiligen Daniel’ steht am Ufer der Donauversinkung bei Fridingen. Das Wasser gleitet an der Kapelle vorbei.
Im Sommer ist das an manchen Tagen Flussbett ausgetrocknet, bei starken Niederschlägen überschwemmt die Donau das Ufer und umspült die Kapelle.

Das lange Zeit unerklärliche Naturphänomen des verschwindenden Wassers an dieser besonderen Stelle ist konzeptueller Teil der Arbeit.
Das Versinken und der Verbleib des Flusses konnte erst an Hand von Farbschüttungen in die obere Donau nachgewiesen werden.

Der ‚Heilige Daniel’ ist der Schutzheilige der Künstler. Ihnen kann an dieser Kapelle gedacht werden.
Auch kann man an diesem Ort sein eigenes Verhältnis zur Kunst und zu den Künstlern überdenken und ihnen Gutes wünschen. Das Aufstellen und Entzünden von Kerzen wird geduldet.
Die Kapelle ist zwar verschlossen, der ‚Heilige Daniel’ ist aber im Inneren der Kapelle immer anwesend.

Das Paradies habe ich mir anders vorgestellt

Paradies. Neue Blicke auf einen alten Traum, Diözesanmuseum Freising 2009

Fotos: Oliver Maier

Fotos: ©  Oliver Maier

Seit dem frühen Mittelalter gelten Kreuzgänge als Abbild des Paradieses (z.B. Klosterplan St. Gallen „campus paradisiacus“, um 800). Der allseitig umschlossene, in vier Segmente geteilte Garten mit einem zentralen Brunnen wird oftmals als „Paradiesgarten“ bezeichnet. In Erwartung des mit der Auferstehung verheißenen Eingangs in das Himmelreich wurde der Kreuzgarten zum bevorzugten Begräbnisplatz höher gestellter Persönlichkeiten, vornehmlich geistlicher Würdenträger. Der Freisinger Domkreuzgang entstand in seiner heutigen Ausdehnung und Gestalt in der Mitte des 15. Jahrhunderts als Bindeglied zwischen Dom und Benediktuskirche. Die barocke Überformung erfolgte 1716 durch Johann Baptist Zimmermann.
Mit einem mächtigen, quadratischen Turm aus übereinander geschichteten Sandsäcken besetzt Daniel Bräg markant die Mitte des Gartens. Die archaisch wehrhafte Formgebung tritt in bewussten Dialog mit der abweisenden, schmucklosen Westfront der frühgotischen Benediktuskirche (um 1330). Der zentrale Brunnen, Herzstück des Hofs, wird unzugänglich und verschwindet im Inneren des Turms. Das ordnende Wegekreuz und seine rahmenden Buchshecken sind leicht asymmetrisch durchschnitten und grenzen einen separierten, geschützten Bereich aus.
Sandsäcke stehen für Schutz und Verteidigung. Im Frieden verfestigen sie vom Hochwasser geschwächte Deiche, im Krieg schützen sie Wachposten oder Schützengräben vor Beschuss. Ihre einfache Handhabung und die leicht verfügbaren Materialien machen sie bis in unsere hoch technisierte Zeit hinein unersetzlich. Sie vermitteln Festigkeit und sind dennoch in einem bestimmten Umfang formbar. Türme wiederum zählen zu den ältesten Bauformen der Welt und sind untrennbar mit dem Bild mittelalterlicher Burganlagen und im übertragenen Sinne dem Himmlischen Jerusalem verbunden. Bereits das Alte Testament vergleicht Gott mit einer Burg, die Sicherheit und Zuflucht gewährt (Psalm144, Vers 2 „Du bist meine Huld und Burg, meine Festung, mein Retter“). In der neutestamentlichen Geheimen Offenbarung ist das Paradies als wehrhafte Stadt beschrieben, die von hohen Mauern mit 12 Toren umschlossen ist.
Die unüberwindbare Wand zwischen Außen und Innen versinnbildlicht darüber hinaus nicht nur Schutz und Stärke, sondern auch Unzugänglichkeit und Sehnsucht. Der Brunnen, Symbol für den Quell des ewigen Lebens, ist der Welt entzogen und bleibt verschlossen. Der Mensch kann mit irdischen Mitteln nicht zu ihm gelangen. Die wehrhafte Umkleidung bewahrt den Brunnen vor ungerechtfertigtem Zutritt. Allein Gottes Gnade ermöglicht die ersehnte Erlösung. (Alexander Heisig)